Die Pflege von Erinnerungen ist care work – Sorgearbeit. Insbesondere die Geschichte marginalisierter, verfolgter oder von Krankheit betroffener Gruppen wird nicht selbstverständlich aufbewahrt und gepflegt – so auch die Geschichte des Aids-Aktivismus. Das Filmprogramm macht (queeren) Aids-Aktivismus der 80er und 90er Jahre sowie filmische und intergenerationale Praxen der Erinnerungspflege sichtbar. Entgegen der hegemonialen Geschichtserzählung und dem Vergessen entsteht so queeres und feministisches Gedenken, abseits von Familie und Staat. Für Erinnerung wird gemeinsam Sorge getragen.
Den Anfang macht das von Julie Dash gedrehte Musikvideo zum Song BREATHS des afro-amerikanischen, inklusiven Frauen-A-cappella-Ensembles Sweet Honey in the Rock. Das Video versammelt gemeinschaftliche Gedenkrituale. Es folgen zwei aktuelle dokumentarische Filme der jungen Generation: DIE UNEINSICHTIGEN – AIDS-AKTIVISMUS IN FRANKFURT A.M. und LLOYD WONG, UNFINISHED. Darin treten die Filmemacher*innen mittels Archivmaterial und Gesprächen mit Zeitzeug*innen in einen aktiven Austausch mit der Vergangenheit ihrer Communities. Den Abschluss bilden experimentelle Super 8-Filme von Inger Schwarz. Inger ist DJ*ane, Filmemacher*in und Musiker*in und filmte in den Jahren 1994–1997 auf Super 8. Inger war Teil des Kollektivs im queeren Community Space „Buschwindröschen“ in Köln und hat in Vorbereitung zu Remake eine Reise ins Hamburger bildwechsel-Archiv unternommen, um diese Film-Schätze wieder auf die große Leinwand zu bringen.
Im Anschluss kommen die Filmemacher*innen Inger Schwarz und Zoë Struif ins Gespräch mit zwei Zeitzeug*innen: Virginia Wangare Greiner ist Gründerin und Leiterin von Maisha e.V. und tritt in DIE UNEINSICHTIGEN als Zeitzeugin auf. Die Beratungsstelle nahm in den 80er Jahren im Kontext von Aids als Selbsthilfegruppe für afrikanische Frauen ihre Arbeit auf. Ralf Döblitz war Pfleger im Haus 68 (Aids-Station der Uniklinik) und ist Aktiver bei der AHF-Aidshilfe Frankfurt. Moderiert wird das Gespräch von Dr. Josefine Hetterich. Sie forscht und lehrt in Mainz zu feministischer Theorie, queerem Kino, Archivtheorien und Aids-Videoaktivismus. (Lou Deinhart)
CA 2025 | Regie, Buch, Montage: Lesley Loksi Chan | Produktion: Lesley Loksi Chan, Luo Li, Phanuel Antwi, bb house | Farbe | DCP | 29 min | engl. OV mit engl. UT | Verleih: Square Eyes
Anfang der 1990er-Jahre begann der in Toronto lebende Künstler Lloyd Wong eine Videoarbeit, die seine Erfahrungen eines Lebens mit Aids thematisierte. Doch er starb vor Fertigstellung des Werks an einer Aids-bedingten Krankheit. Drei Jahrzehnte lang galt seine Arbeit als verschollen, bis sie in den Queer ArQuives wieder auftauchte. In diesem experimentellen Dokumentarfilm kombiniert Lesley Loksi Chan das Rohmaterial von Lloyd Wong, den sie als Co-Regisseur versteht, mit ihren eigenen Recherchenotizen und reflektiert, was es bedeutet, Bilder queerer Gemeinschaften zu erben, und inwiefern uns filmisches Material einen anderen Menschen nahebringen kann. Lloyd Wong, Unfinished lenkt den Fokus auf die Komplexität des Alltags eines schwulen chinesisch-kanadischen Mannes, der in den 1990er-Jahren mit Aids lebte. Die Wirkmacht der Selbstrepräsentation tritt dabei ebenso deutlich hervor wie die Tragödie der zum Schweigen gebrachten Stimmen – Stimmen, die durch systemische Marginalisierung und die HIV/Aids-Krise ausgelöscht wurden. Der Film erforscht die Bedeutung des Unvollendeten, das hier nicht als Versagen oder Mangel interpretiert wird, sondern das einen Raum öffnet für schwierige Fragen, differenzierte Wahrheiten und den Dialog über kollektive Erinnerung. So wird Lloyd Wong, Unfinished zum Ausdruck der generationsübergreifenden Zeug*innenschaft. (Berlinale Shorts 2025)
| Abkürzungen | |
|---|---|
| DF | deutsche Fassung |
| s/w | schwarz-weiß |
| OV | Originalversion |
| UT | Untertitel |
| +UT | elektronische Live-Untertitelung (unterhalb des Bildes) |
| ZT | Zwischentitel |
| Länder | |
|---|---|
| AT | Österreich |
| BRD | Bundesrepublik Deutschland (historisch) |
| BLR | Belarus |
| DE | Deutschland |
| CAN | Kanada |
| DDR | Deutsche Demokratische Republik (historisch) |
| EGY | Ägypten |
| FR | Frankreich |
| GB | Großbritannien |
| URY | Uruguay |
| BRA | Brasilien |
| SWE | Schweden |
| UKR | Ukraine |
| PL | Polen |
| IDN | Indonesien |
| PRT | Portugal |
| HRV | Kroatien |
| ECU | Ecuador |
| HUN | Ungarn |
| AUS | Australien |
| IT | Italien |
| MEX | Mexiko |
| IND | Indien |
DE 2024 | Regie, Schnitt, Kamera: Zoë Struif, Evi Rohde, Lou Deinhart | Grafik: Tyger Schubert | Musik, Tonbearbeitung: Luca „Tamino“ Wuchner | Farbe | DCP | 53 min | dt., span. OV mit engl. UT
Der Dokumentarfilm taucht ein in die vergessenen Proteste der pulsierenden 80er/90er Jahre in Frankfurt, als Aktivist*innen in einer "Solidarität der Uneinsichtigen" gegen die repressive AIDS-Politik aufbegehrten. Die Protagonist*innen des AIDS-Aktivismus blicken zurück auf diese prägende Zeit und ergänzt durch wiederentdecktes Filmmaterial entsteht so ein vielschichtiges, kritisches Porträt der Bewegung. Eine queere Spurensuche der jungen Generation nach der Geschichte der "Uneinsichtigen". (Produktionskollektiv Zoë Struif, Evi Rohde und Lou Deinhart)
| Abkürzungen | |
|---|---|
| DF | deutsche Fassung |
| s/w | schwarz-weiß |
| OV | Originalversion |
| UT | Untertitel |
| +UT | elektronische Live-Untertitelung (unterhalb des Bildes) |
| ZT | Zwischentitel |
| Länder | |
|---|---|
| AT | Österreich |
| BRD | Bundesrepublik Deutschland (historisch) |
| BLR | Belarus |
| DE | Deutschland |
| CAN | Kanada |
| DDR | Deutsche Demokratische Republik (historisch) |
| EGY | Ägypten |
| FR | Frankreich |
| GB | Großbritannien |
| URY | Uruguay |
| BRA | Brasilien |
| SWE | Schweden |
| UKR | Ukraine |
| PL | Polen |
| IDN | Indonesien |
| PRT | Portugal |
| HRV | Kroatien |
| ECU | Ecuador |
| HUN | Ungarn |
| AUS | Australien |
| IT | Italien |
| MEX | Mexiko |
| IND | Indien |
DE ca. 1993– 1997 | s/w | ohne Dialog | Gesamtlänge ca. 12 min
Inger ist DJ, Filmemacher*in und Musiker*in und filmte in den Jahren 1994-1997 auf Super8 als Teil des Kollektivs im queeren Community Space „Buschwindröschen“ in Köln. Es entwickelte sich ab der Eröffnung im Herbst 1992 (bis zur Schließung 2000) zu einem blühenden Herzen des bunten queeren Lebens in der Kölner Südstadt. Inger hat für REMAKE eine Reise in die Vergangenheit, auf den Dachboden und ins Hamburger bildwechsel Archiv unternommen um diese Film-Schätze wieder auf die große Leinwand zu bringen.
| Abkürzungen | |
|---|---|
| DF | deutsche Fassung |
| s/w | schwarz-weiß |
| OV | Originalversion |
| UT | Untertitel |
| +UT | elektronische Live-Untertitelung (unterhalb des Bildes) |
| ZT | Zwischentitel |
| Länder | |
|---|---|
| AT | Österreich |
| BRD | Bundesrepublik Deutschland (historisch) |
| BLR | Belarus |
| DE | Deutschland |
| CAN | Kanada |
| DDR | Deutsche Demokratische Republik (historisch) |
| EGY | Ägypten |
| FR | Frankreich |
| GB | Großbritannien |
| URY | Uruguay |
| BRA | Brasilien |
| SWE | Schweden |
| UKR | Ukraine |
| PL | Polen |
| IDN | Indonesien |
| PRT | Portugal |
| HRV | Kroatien |
| ECU | Ecuador |
| HUN | Ungarn |
| AUS | Australien |
| IT | Italien |
| MEX | Mexiko |
| IND | Indien |
Zoë Struif, Evi Rohde und Lou Deinhart haben in Frankfurt Theater-, Film-, und Medienwissenschaft und Ästhetik studiert und gemeinsam im Rahmen ihrer Masterarbeit zwei Jahre lang zu queerer Erinnerungsarbeit und AIDS-Aktivismus in den 80/90er Jahren in Deutschland/Frankfurt geforscht. Dabei ist in Kooperation mit Zeitzeug*innen “DIE UNEINSICHTIGEN - AIDS-AKTIVISMUS IN FRANKFURT” als partizipatives, dokumentarisches Film- und Archivprojekt entstanden.
Inger Schwarz ist DJ, Filmemacher*in und Musiker*in und filmte in den JAHREN 94 - 97 auf Super8 als Teil des Kollektivs im queeren Community Space „Buschwindröschen“ in Köln. Im Rahmen des Miesmovie Zine entstanden zudem der Film MY FAVORITE PLAYGROUND“. In den 2000ern produzierte Inger zwei weitere Super 8 Filme zusammen mit Kerstin Schleppegrell KEIN LICHT AM ENDE DER WELT eine experimentelle Gender-Parodie des Western Genres (2005 4’ Super 8 ohne dialog), und den experimentellen Sci-Fi Film UMBRELLA (Inger schwarz & Kerstin Schleppegrell, Deutschland 2008, 6’, Super 8, ohne Dialog)
Virginia Wangare Greiner ist Gründerin und Vorsitzende von Maisha e. V., einer Selbstorganisation afrikanischer Frauen in Deutschland. Seit vielen Jahren engagiert sie sich für die Rechte von Migrantinnen, Aufklärung zu Gesundheit und HIV/Aids sowie gegen Diskriminierung und Rassismus. Mit ihrer Arbeit stärkt sie die Stimmen afrikanischer Frauen und fördert Solidarität und Empowerment in der Community. Die Angebote umfassen die Förderung der Gesundheit durch Präventionsangebote und Informationsveranstaltungen zu frauenspezifischen Gesundheitsthemen, einschließlich Schwangerschaft, Geburt und Familiengesundheit, psychosoziale Beratung sowie Unterstützung beim Zugang zu medizinischer Versorgung und zum Gesundheitssystem.
Quelle und weitere Informationen: https://www.maisha.org/
Ralf Döblitz ist ehemaliger Pfleger im Haus 68 Infektiologie, HIV+ AIDS, TBC der Uniklinik Frankfurt. Mit dem bundesweit größten Patientenkollektiv, nahm die Station 68 Uniklinik zu Zeiten der Aidspandemie eine zentrale Rolle in der Versorgung und in der medizinischen Forschung zu HIV ein. „Seit den frühen 1980er Jahren war Haus 68 nicht nur ein Zentrum progressiver HIV-Therapie, sondern auch ein Ort gelebter Solidarität. 1982 wurden hier zwei der ersten vier HIV-Patienten Deutschlands behandelt. In den folgenden Jahren entwickelte sich das Haus zum größten HIV-Zentrum des Landes. Neben der medizinischen Versorgung war die Unterstützung durch Ehrenamtliche, Initiativen und Organisationen wie die AHF prägend für den Geist des Hauses.“ (Quelle)
Ralf Doeblitz ist zudem engagiert für die Deutsche AIDS Hilfe im Rahmen von „Let´s talk about sex – Ärztefortbildung“ und dem Buddy-Projekt unterwegs, die Aidshilfe Frankfurt, insbesondere im Switchboard. Bar.Cafe.Kultur als Barteammitglied und Kulturbeauftragter sowie beim CSD Verein Frankfurt a.M. Seit 2017 ist er Mitglied im AKTX Transplantationspflege e.V. ; seit 2020 im Vorstand tätig
Josefine Hetterich forscht und lehrt zu Feministischer und Queerer Theorie, AIDS Videoaktivismus und Cultural Memory Studies an der Gutenberg-Universität Mainz. Nach ihrem Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft sowie der Soziologie an der Goethe-Universität Frankfurt und der Gender, Media and Cultural Studies am Goldsmiths College, University of London, lehrte sie von 2018 bis 2023 Filmwissenschaft an der Goethe-Universität. Anschließend war sie Mitglied des Graduiertenkollegs Konfigurationen des Films, wo sie 2025 ihre Promotion mit dem Titel Remembering Queer Futures: AIDS Media’s Moving Afterlives abschloss. Zudem kuratierte und organisierte sie die internationale Konferenz Jean Carlomusto Made Me Queer: Video Activism, Queer Archives and AIDS Crisis Revisitation (2022) sowie mehrere queere Filmreihen in Frankfurt. Ihre Texte sind in Sammelbänden bei Hatje Cantz, De Gruyter und im Verbrecher Verlag erschienen.