Eine Gesprächsrunde (dt., engl.) mit Freund*innen, Mitarbeiter*innen und Festivalbesucher*innen von Studio Tatjana / IWFF und mit Vertreter*innen der belarusischen Film- und Kulturszene im Exil: Gemeinsam erinnern wir an die Filmarbeiter*innen im und um das Minsker Studio. In einer Selbstdarstellung bezeichnete es sich als Chor. Es war das einzige unabhängige „Frauenfilm- und Videostudio“ in der ehemaligen UdSSR. Studio Tatjana leistete vielfältige Filmproduktions- und -vermittlungsarbeit. Deren wichtigster Pfeiler war das International Women’s Film Festival Minsk.
Die rechercheintensiven Filmarbeiten des Studios sind heute einzigartige Quellen der nicht-offiziellen Geschichtsschreibung jenes Staates in Europa, der kurz nach der Unabhängigkeit (wieder) zur Diktatur wurde. Das Studio betrieb eine politisch-widerständige Praxis, allem entgegen, was heute erschreckend salonfähig ist: patriarchal-reaktionäres Denken, Machtmissbrauch, Gewalt, Repression.
Mit Ala Tkachenko (Fotografin, Minsk), Igor Soukmanov (Filmkritiker und -kurator Berlin), Ludmila Pogodina (Autorin und multidisziplinäre Künstlerin, Berlin), Claudia von Alemann (Filmemacherin, Köln) und Veronika Minder (Filmemacherin, Bern). Moderation Gaby Babić und Barbara Wurm.
Das Gespräch ist eine Fortführung der beiden Veranstaltungen zu Studio Tatjana im Oktober 2024 bei Forum & Friends im Kino Arsenal in Berlin.
In Kooperation mit goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films und Heinrich-Böll-Stiftung Hessen
Regisseurin von Dokumentar- und Spielfilmen, Autorin und unabhängige Produzentin, ist eine der wichtigsten Protagonistinnen des feministischen Films. 1973 organisierte und kuratierte sie zusammen mit Helke Sander das 1. Internationale Frauenfilmseminar im Kino Arsenal. Das Werk der ehemaligen Professorin an der FH Dortmund umfasst experimentelle und dokumentarische Arbeiten und Spielfilme. In komplexen filmischen Collagen, in denen sie Musik, Ton, bildende Kunst und Fotografien miteinander in Beziehung setzt, beleuchtet sie die blinden Flecken der Geschichtsschreibung.
Als junge Frau – in der Berner Subkultur zuhause – organisiert Veronika Minder (*1948), Konzerte, Mode -und Multi-Media-Events. Ab 1988 prägt sie 12 Jahre lang als Leiterin des Kellerkino die lokale Filmszene mit und initiert zahlreiche Filmreihen und Festivals. Von 2001 bis 2004 arbeitet sie als freie Kulturvermittlerin für Museen, Theaterproduktionen und Musikveranstalter und beginnt mit den Recherchen zum Thema Geschichte der Lesben in der Schweiz. Ihr Dokumentarfilm „Katzenball“ wird ab 2005 erfolgreich rund um den Globus gezeigt und erhält zahlreiche Preise (u.a. Gay Teddy der Berliner Filmfestspiele, Zürcher und Berner Filmpreis 2005). Zwischen 2007 und 2020 vermittelt sie weiterhin Kultur von der „anderen“ Seite: Transformer in Biel, Sexarbeit und Bob Le Flaneur im Berner Kornhaus. Als Rentnerin bleibt sie queer engagiert, liest gestört viele Bücher, geht an Ausstellungen, an Konzerte und ins Kino.